Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Lady Teheran

Ayat Najafi

Abstract

Um unter dem sozialen Druck nicht zu zerbrechen, sind Verstellungen und Maskierungen in allen Gesellschaften notwendig, in Iran sind sie alltägliche Technik des Überlebens. Im Zentrum von Lady Teheran steht die Strategie des Gender Crossing als Überschreitung der eigenen Geschlechterrolle und als Möglichkeit, sich zu verstecken, sich dem Zugriff der Autoritäten zu entziehen. Sich als Mann oder Frau zu verkleiden, typisch männliche oder weibliche Rollenmuster anzunehmen, um ein Ziel zu erreichen, zu entkommen oder sich zu behaupten.

Die Figuren des Stückes machen sich das System der Geschlechtertrennung zunutze, indem sie es unterlaufen. Dabei steht die geschlechtliche Identität selbst zur Debatte. Was ist ein Mann, was eine Frau? Das Theater wird zum Testfeld der sexuellen Ambivalenz.

Das Projekt ist eine Fortsetzung meiner Arbeit in Teheran, in dem sowohl öffentliche als auch private Proben zu Problemen mit der Polizei, den Sicherheitskräften und den eher verschlossenen Köpfen der Gesellschaft führten. Verstecken, Verstellen und Verschwiegenheit – diese uns aufgezwungenen Umstände waren in Teheran die Norm seit Gründung der Stadt. Diese Zustände verknüpfen die Vergangenheit mit der Gegenwart der Stadt und sind wesentlicher Bestandteil ihrer Identität.

Lady Teheran erzählt die Geschichte einer Schauspielerin in der iranischen Hauptstadt vor dem Zweiten Weltkrieg, die dazu gezwungen ist, sich auf krummen Wegen im Untergrund durchzukämpfen.

Der Legende nach ist in Teheran ein lebendiger Untergrund die Basis der Stadt. Eine Stadt, die von obskuren Gestalten und Gangstern errichtet und bewohnt wurde. In jenen Tagen war Teheran ein Ort, der hauptsächlich im Untergrund lebte und atmete. Weit entfernt von der Zentralregierung des Iran jener Zeit bewohnte eine zweite Bevölkerung die Keller von Häusern und das verschlungene System geheimer Durchgänge zwischen den Kellern. Mit dem Wissen, dass eine Regierung aus der Entfernung keine Autorität auf sie ausüben oder sie in ihrer verborgenen Welt unter der Erde finden könne, errichteten sie ihr geheimes privates Reich. Von Anfang an Teil der Gesellschaft, wirkte die Anziehungskraft der Untergrundbewegung auch über die Jahrhunderte fort, in denen Teheran in Unfreiheit und Abhängigkeit unter Zensur und Fremdherrschaft dahinsiechte.

Niemand hat den Druck einer Gesellschaft – einer Gesellschaft, die im Versteck groß geworden ist – stärker gespürt als die Frauen. Vor siebzig Jahren, zur Zeit der Regierung von Schah Reza, war das Tragen des islamischen Kopftuchs verboten. Heutzutage ist die Einhaltung der islamischen Kleiderordnung in der Öffentlichkeit Pflicht. Dieser schnelle Übergang vom Verbot zum Zwang zeigt die Widersprüche, die über die Zeit in unserer Kultur herrschen, und die deutlichen Unterschiede zwischen Erleben und Wirklichkeit im öffentlichen bzw. im privaten Raum.

Aufführungen

Veranstaltungsplakat

Teheran Banou: Lady Teheran

Eine Produktion von Ayat Najafi in Kooperation mit dem Ballhaus Ost, Berlin

11.-13. und 16.-18. September
21.-23. Oktober 2009
jeweils um 20 Uhr

Ballhaus Ost, Berlin
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Poster

Lady Teheran. Geschichten von bärtigen Frauen und Männern in Röcken

Theaterstück von Ayat Najafi

täglich vom 3. bis 10. Juni 2009, 20.30 Uhr
Studiobühne des Unitheaters Konstanz
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Fotos von den Proben