Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Rechtliche Instrumente der Integration

Zulässigkeit und Effektivität im Rahmen des Familiennachzugs

Cordelia Carlitz

Abstract

Das Projekt widmet sich der Frage, inwieweit beim Familiennachzug ausländerrechtliche Integrationsinstrumente Normkonflikte und Normenklaven bei Ausländern verhindern können.

Als Familiennachzug wird der Vorgang bezeichnet, bei dem ein Ausländer zu einem im Inland bereits legal lebenden Familienangehörigen oder gemeinsam mit diesem ins Inland zieht.

Die Untersuchung des Forschungsthemas bietet sich aus verschiedenen Gründen an. Zum einen wurden beim Familiennachzug traditionell keine Anforderungen an den Zuwanderer hinsichtlich seiner Fähigkeit, sich zu integrieren, z.B. hinsichtlich seiner Sprachkenntnisse oder seiner beruflichen Qualifikation gestellt. Eine Ausnahme galt lediglich für Kinder über 16 Jahren, denen schon bisher der Nachzug nur dann gestattet wurde, wenn sie Deutschkenntnisse oder andere Anhaltspunkte für ihre Integrationsfähigkeit nachweisen konnten.

Fehlende Sprachkenntnisse oder eine geringe Bildung werden jedoch zunehmend als Ursache für die behauptete unzureichende Integration von Ausländern gesehen, die sich in Normkonflikten und Normenklaven äußern soll. Das Bestehen eines solchen Zusammenhangs bei der Gruppe der nachziehenden Familienangehörigen und dessen Durchbrechung wird umso entscheidender, als der Familiennachzug in Deutschland den quantitativ wichtigsten Grund für die auf dauerhaften Aufenthalt ausgerichtete legale Zuwanderung darstellt. Deutschland hat daher, ebenso wie beispielsweise die Niederlande und Frankreich, mittlerweile in das deutsche Ausländerrecht Regelungen aufgenommen, die die Integration der Nachziehenden fördern soll. So sind seit 2007 drittstaatsangehörige Ehegatten – mit Ausnahme der Ehegatten von Unionsbürgern – grundsätzlich verpflichtet, noch vor der Einreise einfache Deutschkenntnisse nachzuweisen. Bei fehlendem Nachweis wird ihnen, von Ausnahmen abgesehen, der Nachzug nicht gestattet. Im Inland müssen Ausländer in der Regel einen Integrationskurs ableisten, wenn ihre Deutschkenntnisse nicht ausreichend sind. Aus rechtlicher Sicht werfen diese Regelungen verschiedene Fragen auf. Im Gegensatz zu den meisten anderen Migrationsarten ist der Gesetzgeber in der Einführung neuer Integrationsreglungen nicht völlig frei ist. Zwar gibt weder das nationale Verfassungsrecht noch beispielsweise die Europäische Menschenrechtskonvention traditionell einen Nachzugsanspruch. Anerkannt ist vielmehr, dass es zu den originären Rechten von Staaten gehört, über die Zulassung von Ausländern in das eigene Staatsgebiet zu entscheiden. Jedoch setzen sowohl das Völkerrecht als auch das Verfassungsrecht gewisse Grenzen. Seit ihrem Inkrafttreten im Oktober 2003 ist auch für Deutschland die Richtlinie 2003/86/EG vom 22. September 2003 betreffend die Familienzusammenführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. L 251/12 vom 3.10.2003) verbindlich, die drittstaatsangehörigen Familienangehörigen unter bestimmten Voraussetzungen einen Nachzugsanspruch gibt und damit den Handlungsspielraum der EU-Mitgliedstaaten einengt.

Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird ein multidisziplinärer Forschungsansatz gewählt: Zunächst muss auf Grund bestehender empirischer Daten geklärt werden, ob die behaupteten Normkonflikte- bzw. -enklaven überhaupt bestehen. Integration wird für die vorgesehene Untersuchung verstanden als Eingliederung von Ausländern in einen bestehenden rechtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmen. Das Abweichen von diesem Rahmen bzw. den Normen, artikuliert sich in Normkonflikten oder Normenklaven. Geklärt werden muss daher zum einen, welche Normen konkret als Maßstab fungieren und zum anderen, ob die behaupteten Normkonflikte und -enklaven bestehen. Um eine möglichst auf breiten Fundamenten basierende Antwort zu ermöglichen, sollen mindestens zwei Bereiche untersucht werden.

Anschließend soll die rechtliche Zulässigkeit der Integrationsinstrumente im Bereich des Familiennachzugs untersucht werden. Insbesondere wird auf die Vorgaben der Richtlinie 2003/86/EG und auf Art. 8 EMRK eingegangen.

In einem 3. Teil soll auf Grund einer empirische Untersuchung geklärt werden, inwieweit bestehende Normkonflikte oder Normenklaven durch die gewählten Integrationsmaßnahmen verändert und schließlich sogar abgebaut werden können.