Transkulturelle Hierarchien in internationalen Interventionsmissionen
Arabisches Engagement in Afghanistan
Abstract
Die arabischen Golfstaaten setzen ‒ weitgehend unbeachtet ‒ einen weitaus höheren Prozentsatz ihres Bruttoinlandproduktes für humanitäre Zwecke und Entwicklungszusammenarbeit als westliche Industriestaaten ein. Es liegen jedoch nur wenige aktuelle qualitative Studien über die arabische Entwicklungspolitik vor; die Mehrzahl der Arbeiten über das Geberverhalten arabischer Staaten ist quantitativer Natur und stammt überwiegend aus den Jahren nach dem Golfkrieg von 1991. Die bisherigen Erkenntnisse zusammenfassend, scheint 1) die politische Motivation von arabischer Geberhilfe in hohem Maße auf religiöse und traditionelle Selbstverpflichtung zurückzugehen und 2) stark die Positionierung der arabischen Staaten zu außen- und sicherheitspolitischen Entwicklungen in der Region widerzuspiegeln.
Ein besonderes bzw. besonders sensibles Feld des arabischen Beitrags in der Entwicklungszusammenarbeit ist ihr Engagement im Bereich des internationalen peace keeping / state building. Unter anderem in Afghanistan engagieren sich einige Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrates an der Seite von NATO und UN für den Wiederaufbau des Landes. Die konkreten Projekte, die sie umsetzen, weisen jedoch auf ein strategisches Dilemma hin: Nicht alle Instrumente, die den Golfstaaten für ihr Engagement potentiell zur Verfügung stünden, können innenpolitisch kommunizierbar und sicherheitspolitisch institutionalisierbar gemacht werden.
Das Konzept eines umfassenden Sicherheitsbegriffs zugrunde legend, wird im Rahmen des Dissertationsprojekts am Beispiel bilateral und multilateral umgesetzter Projekte ausgewählter arabischer Staaten untersucht, aus welcher Motivation sich arabische Staaten in internationale Peacekeeping- und Statebuilding-Missionen begeben und mit welchen politischen, administrativen und soziokulturellen Herausforderungen sie in diesem Zusammenhang konfrontiert sind. Mit Hilfe organisationstheoretischer und insbesondere organisationssoziologischer Ansätze widmet sich die Arbeit den transkulturellen Hierarchien, die das Handeln und die Strategieentwicklung internationaler Organisationen und Institutionen bestimmen.