Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Bettelbrüder, Städte, Gemeinden

Zur kommunikativen Dynamik religiöser Konflikte im Reich (1250-1530)

Prof. Christopher Ocker

Abstract

Dieses Projekt hat die Aufgabe, die Rolle der Religion für die Gruppenbildungen der spätmittelalterlichen Gesellschaft unter dem Aspekt der Konfliktbearbeitung zu erforschen. In besonderer Weise soll der Frage nachgegangen werden, wie religiöse Vorstellungen und soziale Praxis zusammen wirken. Beispielhaft sollen die zahlreichen Konflikte zwischen Bettelmönchen und anderen klerikalen und laikalen Gruppen in spätmittelalterlichen Städten analysiert werden.

Diese Studie trägt der Überwindung einer gewissen Teilung in der Erforschung religiöser Kulturen und städtischer Einrichtungen innerhalb eines längeren Zeitraums vor und während der frühen Reformation bei. Als Gegenstand hat sie überregionale Institutionen, die Bettelorden. Die Geschichte der Bettelorden eignet sich in besonderer Weise für diese Fragestellung. Wie allgemein bekannt, sind sie tief in den urbanen Orten Europas verwurzelt. Gleichzeitig sind sie durch ihre bedeutende Anwesenheit an Universitäten, Höfen und päpstlicher Kurie dicht vernetzt. Die Konflikte zwischen und um den Orden können deswegen als Bestandteil der religiösen Kommunikation innerhalb und zwischen Kommunen auf geographisch breitem Raum betrachtet werden. Die Anzahl der historischen Einzelstudien über bestimmte Konvente und Städte ermöglichen den Vergleich der lokalen sozialen Vernetzungen der Konvente an vereinzelten Orten (durch Bruderschaften, Beziehungen mit Beginenhäusern, Beziehungen mit Führungsschichten usw.), so dass ich mich auf die Quellenarbeit mit Zuspitzung auf das Kommunikationsverfahren in den Konflikten zu konzentrieren kann. Bettelorden sind ein besonders geeigneter Untersuchungsgegenstand, um die Vermittlung von entgegentretenden Vorstellungswelten ebenso zu untersuchen wie die Konfliktstrategien des Spätmittelalters genauer zu beleuchten. Dadurch soll die Religion als Bestandteil des kommunikativen Haushalts (Thomas Luckmann) der vorindustriellen ‚christlichen‘ Gesellschaft des Spätmittelalters im Raum des Heiligen Römischen Reiches untersucht werden.