Gegenstand des Projekts ist die Publikation des Entwurfes einer „Allgemeinen Soziologischen Theorie“ des bedeutenden deutschen Nachkriegssoziologen Heinrich Popitz (1925-2002). Die Schrift wird im Rahmen der „Edition der Schriften von Heinrich Popitz“ im Programm von Konstanz University Press erscheinen. Bei Heinrich Popitz handelt es sich um einen modernen Klassiker der Soziologie, dessen Werk bis zum jetzigen Zeitpunkt nur geringfügig erschlossen ist. Der gesamte Nachlass von Popitz befindet sich seit dem Jahre 2004 im Sozialwissenschaftlichen Archiv der Universität Konstanz.
Popitz’ Vorlesung Allgemeine Soziologische Theorie, die er über viele Jahre hinweg hielt und stetig überarbeitete, behandelt in systematisch aufeinander aufbauenden Teilen die Entstehung und Tradierung sozialer Normen als Grundproblem einer jeden Gesellschaftsordnung. Ausgehend von sozialanthropologischen Grundannahmen im Anschluss an Gehlens Lehre von der Instinktreduziertheit sowie der daraus resultierenden Kultur- und Institutionenbedürftigkeit des Menschen entwickelt Popitz ein grundlegendes Begriffkonzept sowie ein analytisches Modell, das darlegt, wie sich durch Vergesellschaftungsprozesse Normstrukturen und Normensysteme verfestigen und dadurch soziale Integration bedingen. In diesem Zusammenhang werden „Komponenten der Normgeltung“ bestimmt und „Normstrukturen“ hinsichtlich der Geltungsstruktur sozialer Normen sowie Normensysteme bezüglich unterschiedlicher Themenfelder untersucht.
Diese Reflexionen berühren das Gebiet verschiedener Spezialsoziologien, wie etwa der Rollentheorie, der Theorie sozialer Differenzierung oder auch der Theorie sozialen Wandels. Besondere Bedeutung legt Popitz auf die Verbindung der Themenschwerpunke Normen und Macht im Hinblick auf Prozesse der Institutionalisierung und Machtkonstitution. Damit eröffnet die Publikation einen neuen Zugang zu Popitz’ soziologischem Denken. Zugleich liefert sie einen wertvollen Beitrag für eine grundlagentheoretische Reflexion von gesellschaftlicher Integration überhaupt, verstanden als „Aufbau sozialer Ordnungsmuster jeglicher Qualität, die eine bindende Wirkung entfalten“.
Popitz’ Perspektive einer Allgemeinen soziologischen Theorie stellt die Analyse der Entstehung normativer Grundstrukturen in den Vordergrund und gibt damit eine Antwort auf die Frage nach den grundlegenden Bedingungen für die Konstitution sozialer Ordnung und Sozialintegration. Hierbei erlaubt es der genetisch orientierte Ansatz, stets auch die prinzipielle Fragilität sozialer Ordnungskonstruktionen im Blick zu behalten.
Publikation
Heinrich Popitz: Allgemeine Soziologische Theorie. Herausgegeben von Jochen Dreher und Andreas Göttlich, Konstanz: Konstanz University Press 2011.