Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Boundaring

An Inquiry into the Construction of Identity and Non-identity in Malta

Gerold Gerber

Abstract

Im Jahre 2004 wurde Malta Mitglied der EU. Malteser betrachten ihr Land jedoch nicht zwingend als Teil Europas. Dies verwundert wenig angesichts der Tatsache, dass die maltesische Sprache, vereinfacht gesagt, ein arabischer Dialekt ist. Was überrascht, ist der Umstand, dass die Zweifel am vorherrschenden christlich-europäischen Gründungsmythos Maltas bislang wissenschaftlich nicht untersucht wurden.

Thema der vorzulegenden ethnologisch-soziologischen Arbeit ist daher die Situation der maltesischen Gesellschaft zwischen Europa und der arabischen Welt zu Zeiten der in Malta hochumstrittenen EU-Bewerbung in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts, als die Malteser sich nicht nur zwischen Islam und arabischer Welt einerseits und Europa und Christentum andererseits situiert sahen, sondern auch ihre koloniale Vergangenheit zwischen Westen und Dritter Welt unterschiedlich erinnerten und bewerteten.

Konkret wird die Frage nach Praktiken der Grenzziehung in verschiedenen arabisch-maltesischen und maltesisch-europäischen Kontexten gestellt. Solche Grenzpraktiken werden mit dem Kunstbegriff „Boundaring“ bezeichnet. Im Mittelpunkt stehen dabei die Stärken und Schwächen der maltesischen Eliten einerseits und der maltesischen Alltagsakteure andererseits im Umgang mit Identität und Nichtidentität. Allgemeines Ziel der Arbeit ist es, Bedingungen, Chancen und Risiken sozialer Akteure anzugeben, die sich zwischen verschiedenen Kulturen bzw. Zivilisationen verortet sehen und vor der Wahl oder Notwendigkeit stehen, sich einer Seite anzuschließen oder „in der Mitte“ zu verbleiben. These ist, dass sich Identität und Nichtidentität – was nicht dasselbe ist wie Differenz – wechselseitig bedingen.