Abstract
Die Regelungen waren im Ausgang diametral entgegengesetzt: das klassische römische Recht legalisiert Preisübervorteilungen grundsätzlich, während das jüdische Recht der Mischna eine strenge Gewinngrenze von einem Sechstel formulierte (sog. ona’ah). Im zeitlichen Verlauf der Antike zeigen sich auf verschiedenen Feldern Phänomene, die als Tendenzen der Assimilation beider Rechtsordnungen interpretiert werden können.
Bisher weitgehend ungeklärt blieb dieser Zusammenhang für das in der Wissenschaft vielfach thematisierte diokletianische Reskript zu Landverkäufen, bei denen der Käufer nicht einmal die Hälfte des wahren Werts erhielt (später als sog. laesio enormis benannt). Die verbreitete Annahme, dass es sich ganz oder in Teilen um ein Produkt eines rechtskulturellen Austausch zwischen Römern und Juden handelt, erweist sich letztlich als haltlos. Die fundierte Quellenanalyse unter Einbeziehung der wirtschaftlichen und sozialen Rahmenumständen verdeutlicht die stattdessen autonome Entwicklung der Rechtsinstitute. Der Anteil an äußerlich übereinstimmenden Rechtsentwicklungen kann als Resultat ähnlichen äußerer Einflüsse erklärt werden.