Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Häuser, Hausnamen, Hausmarken

Materielle Kultur und Identität im Stralsund des späten Mittelalters

Kathrin Stutz

Teilprojekt des Forschungsprojektes „Geschlecht, Namenwahl und Eheschließung

Abstract

Nicht nur in Italien spielte das (Stein-)Haus im späten Mittelalter als Medium von Repräsentation und Vermittler sozialer Identität eine herausragende Rolle, auch nördlich der Alpen lassen sich vergleichbare Muster feststellen. Anders als seine repräsentativen, sind seine symbolischen Dimensionen in der Forschung bisher allerdings bloß gestreift worden. Zentrale Bedeutung kommt dabei den Häusernamen und Hauszeichen zu.

Hausmarken und Hauszeichen scheint eine deutsche Partikularität darzustellen, zumindest finden sich in der französisch- und englischsprachigen Forschung kaum Hinweise auf eine Parallelerscheinung. Sie dienten seit dem 13. Jahrhundert in der Form abstrakter Strichzeichen als Markierungen für Häuser bzw. als Zeichen für Hausbesitz. Als unmittelbares Bindeglied zwischen der Immobilie, die sie bezeichnete, und der Familie, die sie bewohnte, konnte die Hausmarke als Siegelbild oder als „Unterschrift“ (Signet) aber auch rechtliche Funktionen übernehmen. Neben Hauswand, Kirchstuhl, Siegel und Urkunde als Zeichenträger finden sich Hausmarken anstelle von Wappen häufig auch auf Altartafeln, Kirchstühlen und in Kirchenfenstern abgebildet.

In Bezug auf die Hausnamen unterscheidet Grohe in seiner grundlegenden Arbeit von 1913 zwischen solchen, welche die Allgemeinheit gab, und solchen, die „künstlich“, also auf Wunsch des jeweiligen Besitzers entstanden. An diesen „künstlichen“ Hausnamen lassen sich verschiedene Fragestellungen festmachen: Wann oder zu welchen Anlässen wurden Häusernamen angenommen oder verändert? Wie wurden sie als Medium sowohl der Integration als auch der Abgrenzung genutzt? Wer bediente sich dieser Namensgebung, um sich eine andere, eine neue Identität einzuverleiben? Häufig waren es Neuankömmlinge, die sich den Namen des frisch erworbenen Hauses aneigneten; andere jedoch gaben dem Haus den Namen ihres Herkunftsortes. Auch innerfamiliär konnte der Hausname bei der Identitätsbestimmung helfen. So war es im städtischen Patriziat üblich, Familienzweige anhand der Häusernamen auseinander zu halten; andernorts diente die „Burg“ als Unterscheidungsmerkmal für die verschiedenen Familienzweige. Auf allen hier angesprochenen Ebenen wird schließlich deutlich, wie eng der Bezug zwischen dem Haus als Traditions- und Identitätsträger und seinem häufig wechselnden Besitzer sein konnte.

Im Rahmen meines Dissertationsprojektes werde ich die skizzierten Fragestellungen beispielhaft anhand der Stadt Stralsund untersuchen, die dank ihrer reichen Überlieferung insbesondere auch an spätmittelalterlichen Testamenten und Realien ein besonders geeignetes Untersuchungsfeld darstellt.