Property Rights
Moderne Instrumente der Regulierung transnationaler Wirtschaftsbeziehungen
Abstract
In den vergangenen Jahren hat international eine Vielzahl neuer „Property Rights“ (Eigentumsrechte) ins Recht Einzug gehalten. In der Regel erfolgte dies in Umsetzung internationaler Vereinbarungen, ohne dass die Implikationen für die nationalen Rechte hinreichend diskutiert wurden. Sie zielen auf eine regulatorische Steuerung von Verhalten ab: Sie sollen Investitionen anreizen, Innovationen befördern, dem Mark Informationen zur Verfügung stellen oder die Ressourcennutzung begrenzen. Der Grund für ihre Umsetzung im Gewand eines Eigentumsrechts liegt darin begründet, dass sie marktkonform und effizient Verhalten steuern und territorial vom Nationalstaat unabhängig (transnational) wirken sollen.
Diese Zielsetzungen stehen im Spannungsverhältnis zu der kulturell gewachsenen Institution des Eigentums, das primär Rechtssicherheit gewähren und private Verfügungsgewalt absichern soll. Der internationale, englisch-sprachige Diskurs über „Property Rights“ täuscht darüber hinweg, dass der Begriff „Property“ in den verschiedenen Rechtskulturen unterschiedlich verstanden wird. Aus der „legal transplant“-Forschung und aus der europarechtlichen Forschung wissen wir, dass derartige Transpositionen vielschichtige Prozesse anstoßen. Neuerungen werden in nationale Rechte „eingefügt“, verändern dadurch aber ihre Inhalte.
Umgekehrt werden gewachsene, nationale Systemunterschiede verschliffen und eine Öffnung für „systemfremde“ Vorstellungen bewirkt. Regulative „Property Rights“ verschieben kategoriale Unterscheidungen im Verhältnis von Privatem und Öffentlichem Recht, von autonomer Verfügungsgewalt und korrespondierenden Pflichten, von Eigentum und Vertrag bis hin zu hergebrachten Ordnungsprinzipien im Sachenrecht. Die Verschiebung der Regulierung durch Privatisierung und der gleichzeitige Aufbau von transnationaler Marktadministrationen wird im Rahmen des Fellowships untersucht.
Forschungsleitend ist die Frage, wie durch die Umdeutung hergebrachter eigentumsrechtlicher Prinzipien zugleich wirtschaftliche Integration und kulturelle Desintegration bewirkt wird. Wird das Neue in den nationalen Rechten „rekulturiert“, oder „rekulturiert“ der neue Inhalt umgekehrt die überkommenen Leitideen von Eigentum? Wie verändert sich unser Nachdenken über Eigentum durch die Integration dieser eigentumsähnlichen Rechte?
Das Forschungsvorhaben wird eingangs überblicksartig die vielfältigen, neuartigen Rechte beschreiben. Dabei werden die Gemeinsamkeiten herausgearbeitet und die eigentumsrechtlichen Herausforderungen dargestellt. Es sollen die Motive der ökonomischen Regelungsphilosophie beschrieben werden, die die Adaption von „Property Rights“ primär treiben. Dabei soll im Blick gehalten werden, dass bestimmte Ziele final verfolgt, aber tradierte „englische“ Ordnungskonzepte ohne Intention transponiert werden, die in ein Spannungsverhältnis treten zu den Konzepten des kontinentalen Eigentumsdenken. Das englische „property“-Rechtsdenken folgt immer noch den feudalen Grundstrukturen, denen sie aber funktional längst entwachsen sind.
Anhand von drei Beispielen (CO2-Zertifikate, Biodiversitätsrechte und dinglich wirkende Lizenzen) soll exemplarisch deutlich werden, warum im 21. Jahrhundert diese aus kontinentaler Rechtsperspektive veralteten Strukturen funktional modern sind. Dabei steht die Frage im Raum, welches Schicksal diese „legal transplants“ haben werden: Bilden sie sich zu einer eigenständigen Gruppe heraus und tragen deshalb zurecht den nicht-übersetzten Namen „Property Rights“? Oder bleiben sie als Irritation wirkungslos und werden in lokale Strukturen übersetzt, weil sie auf Strukturen treffen, in denen sie keine Wirkung entfalten können? Oder transformieren sie ihrerseits das Eigentumsdenken – oder ist letzteres bereits im Wandel?
Parallel zu diesen eigentumsrechtlichen Fragen blickt das Projekt auf die institutionellen Strukturen, die zu der Administration dieser Rechte als Marktorganisation aufgebaut werden. Wie ist es mit der Governance dieser Strukturen bestellt, die regulative Ziele verfolgen und transnational wirken sollen. Wie üben Parlamente und Öffentlichkeit Kontrolle aus und wie entfaltet sich der Legitimationsdiskurs? Welche Koordinationsstrukturen werden international aufgebaut, um die transnationale Wirkung zu administrieren? Wie erfolgt die Abstimmung transnationaler Privatinteressen und des transnationalen Steuerungsinteresses? Welche Institutionen und Verfahren entwickeln sich auf der Schnittstelle von privater und öffentlicher Steuerung?
Beide Beobachtungsstränge sind zum Ende hin unter der Frage zusammenzuführen, wie man die Elastizität von rechtlichen und kulturellen Strukturen beschreiben kann. Dies ist insbesondere am Beispiel der Institution des Eigentums interessant, das kulturell für Beständigkeit und Wohlstand steht und in rechtlicher Hinsicht für Rechtssicherheit sorgen soll. Der moderne Diskurs ist indes auf Veränderung und Anpassung angelegt. Wie entfaltet sich die Dialektik von Wirtschaftsintegration und kultureller Desintegration an diesem Beispiel? Das Projekt zielt auf einen Beitrag zu einer modernen, international anschlussfähigen Theorie von Eigentum und dessen funktionalen Äquivalenten in einem als kultureller Wandel begriffenen Prozess der Globalisierung.