Universität KonstanzExzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“

Gesandtschaft und Imperium

Die römische Ostpolitik zwischen dem Frieden von Apameia und der Neuordnung des Provinzialregimes durch Lucius Sulla (188–84 v. Chr.)

Marc Gehrmann

Abstract

In den gut 100 Jahren zwischen dem Frieden von Apameia (188 v. Chr.) und der sullanischen Reorganisation des Provinzialsystems (84 v. Chr.) bildete sich eine unbestreitbare römische Hegemonie über den östlichen Mittelmeerraum heraus. Die Dynamik dieses expansiven Prozesses, der erst am Ende durch Elemente direkter Herrschaft dominiert wurde, ist aber weithin unklar. Dies hängt wesentlich damit zusammen, dass die vorherrschenden Erklärungsansätze beanspruchen, grundsätzliche Aussagen der longue durée für nahezu die gesamte römische Geschichte zu sein. In diesem Sinne ist die Rede von „römischer Politik”, „römischer Einstellung”, ja eines „römischen Nationalcharakters” weitgehend akzeptiert und in ihrer Sinnhaftigkeit nur wenig hinterfragt worden.

Das Dissertationsprojekt setzt an diesem Problem an und versucht die vermeintliche Widersprüchlichkeit der imperialen Ausdehnung Roms besser zu erklären, indem es die Rede von „Rom” als kollektivierter Entität zunächst suspendiert. Römisches Handeln wird aus dieser Perspektive nicht so sehr von abstrakten außenpolitischen Herausforderungen an den römischen Staat diktiert, sondern von den unterschiedlichen Interessen einzelner Personen und Personengruppen sowie ihrem gänzlich innerrömischen Zusammenspiel.

Die relevanten Protagonisten lassen sich gemäß ihrer außenpolitischen Funktion auf drei Akteursebenen zusammenfassen: Senat, Gesandtschaft und Magistratur. Von diesen Akteuren sind vor allem die Gesandten systematisch unterforscht, und dies, obwohl sie, abgesehen von den wenigen Kriegsjahren, die Außenpolitik der Republik mit ihren Interventionen dominierten. Im nichtmilitärischen Regelfall waren sie es, die die asymmetrischen Beziehungsgeflechte des aufstrebenden Imperiums für die griechischen Interaktionspartner vor Ort erfahrbar machten. In Rom selbst wiederum fungierten die Gesandten als die entscheidende Membran, die das Wissen über den griechischen Osten für außenpolitische Entscheidungen im Senat generierte und zugleich filterte. Insofern waren sie nicht nur ganz pragmatisch Funktionsträger des römischen Staates, sondern auch kulturelle Broker an der Grenze zweier (politischer) Kulturen. Die Erforschung ihrer Rolle im Kontext der römischen Außenpolitik steht im Zentrum des Dissertationsprojektes und eröffnet auf diese Weise neue Perspektiven auf die Phase der römischen Expansion im griechischen Osten.