Universität KonstanzExzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“

Wie Migranten zu Bürgern (gemacht) werden

Eine Ethnographie transkultureller Identitätskonstruktionen in deutschen Migrationsbehörden und Integrationseinrichtungen

Anna Louban

Abstract

Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Zunahme transnationaler Migrationsprozesse kommt den Forschungsfeldern „Migration“ und „Bürokratie“ und ihrer Verbindung eine große Bedeutung zu. In diesem Schnittfeld von Migrations- und Bürokratieforschung verortet sich das Forschungsprojekt, indem es den Blick auf das bürokratische Moment von Migration richtet und Bürokratie an denjenigen Orten untersucht, an denen Migranten administrativ ‚adressiert‘ und ‚prozessiert‘ werden. Im Interesse des Projekts steht folglich die institutionelle Integration von Migranten in Deutschland.

Das Projekt untersucht drei zentrale Stationen der institutionellen Integration, die Migranten im deutschen Inland nacheinander durchlaufenden sollen:

  1. die Ausländerbehörde,
  2. den Integrationskurs und
  3. die Einbürgerungsbehörde.

Die Ausländerbehörde (7 Monate Feldforschung) übt unter anderem klassifikatorische Funktionen aus, die für das Leben der Migranten folgenreich sind. In Abhängigkeit etwa vom Herkunftsland der Migranten und vom Zweck ihres Aufenthalts in Deutschland wird hier ihr individueller ausländerrechtlicher Status bestimmt. Anhand dieser Klassifizierung eröffnen sich den Migranten bestimmte Handlungsmöglichkeiten, während sich andere verschließen. Gleichzeitig werden ihnen bestimmte Aktivitäten, wie die Teilnahme an einem sogenannten ‚Integrationskurs‘, von der Ausländerbehörde verpflichtend auferlegt. Die standardisierten Integrationskurse (5 Monate Feldforschung) sind Bildungsinstitutionen, innerhalb derer Migranten ein vorgeschriebenes und vereinheitlichtes Wissen über ‚die deutsche Gesellschaft‘ erlernen sollen. Zum Abschluss ihres Kursbesuchs wird ihnen mittels standardisierter Prüfverfahren ein bestimmtes Maß an gesellschaftlicher ‚Integriertheit‘ zertifiziert. Im Wirkungsraum der Einbürgerungsbehörden (4 Monate Feldforschung) wird der letzte Schritt der strukturellen Integration von Migranten in Deutschland vollzogen, denn hier wird ‚der Migrant‘ unter bestimmten Voraussetzungen aus dem rechtlichen Status des ‚Ausländers‘ entlassen und in den Status des ‚Bürgers‘ überführt.

Das Projekt untersucht, in welcher Beziehung diese drei aufeinander aufbauenden Integrationsstationen in der Praxis zueinander stehen, indem es

  1. die dort jeweils vorherrschenden diskursiven und nicht-diskursiven Praktiken in den ethnographischen Blick nimmt. Zudem interessiert sich das Projekt gleichwertig sowohl für
  2. die Perspektiven von Akteuren der Migration (Migranten) als auch für die (inter-)subjektiven Sichtweisen von Akteuren der Bürokratie (Behördenmitarbeiter). Und schließlich vollzieht das Dissertationsprojekt
  3. eine multilokale ethnographische Forschung im Kontext von drei systematisch aufeinander aufbauenden Migrationsbehörden und Integrationseinrichtungen in Deutschland.