Ambivalenzen des Abenteuers in der deutschen Kolonialliteratur um 1900
Abstract
Der enge Zusammenhang von Kolonialismus und Abenteuer erscheint zunächst so selbstverständlich, dass koloniale Romane heute oft unkritisch und vorschnell mit dem Etikett der abenteuerlichen Unterhaltungsliteratur versehen werden. Tatsächlich lässt sich ungefähr ab 1900 konstatieren, dass der Rückgriff deutscher Kolonialautoren auf Abenteuersequenzen kritisiert und problematisiert wird, da Abenteurer nun nicht mehr als adäquate Repräsentanten der Kolonialmacht gelten und stattdessen pflichttreue, aber zugleich charakterstarke Beamtenfiguren bevorzugt geschildert werden.
Ausgehend von der Beobachtung, dass das Abenteuer dennoch nicht gänzlich verdrängt wird, folgt das Projekt der Annahme, dass die Abenteuerelemente helfen, bestimmte widersprüchliche Aspekte kolonialer Herrschaft zu entkräften und erzählbar zu machen. Zudem hilft der Versuch der Einhegung des Abenteuers, es in den Dienst der Nation zu stellen und damit eine erneute Einbindung des Abenteurers in die heimatliche Ordnung in Aussicht zu stellen.
Somit möchte die Dissertation einerseits anhand verschiedener Abenteuerformationen in der deutschsprachigen Kolonialliteratur das literarisch formulierte Selbstverständnis kolonialer Akteure im Spannungsfeld von Kolonie und Heimat näher bestimmen und andererseits dergestalt einen Beitrag zum Verständnis des Abenteuerdiskurses um 1900 leisten.