Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Artistic Interventions in Organizations

Prof. Dr. Ariane Berthoin Antal

Abstract

Die Geschwindigkeit und der Umfang des gesellschaftlichen Wandels drängt Entscheidungsträger in privaten und in öffentlichen Organisationen, nach neuen Ansätzen zu suchen, um deren Leistungsfähigkeit bzw. Wert(e)schöpfung zu erhöhen. Die Suche führt auch zu Ansätzen, bei denen auf Frage- und Problemstellungen in neuartiger Weise reagiert wird, oder diese in einem veränderten Bezugsrahmen wahrgenommen werden.

In vielen dieser Organisationen werden Anregungen bei den Künsten gesucht. Die Ideen, Praktiken und Personen aus der Welt des Theaters, der Musik, der bildenden Kunst, des Tanzes und der Literatur bieten Ausdrucksmöglichkeiten für Situationen und Konflikte, die sich von den Kommunikations- und Arbeitsroutinen einer Organisation unterscheiden, und sie so in Frage stellen. Die Kommunikationsformen der Kunst stammen aus einer „anderen Welt“, und gerade wegen ihrer Fremdartigkeit haben sie die Kraft, Routinen in Frage zu stellen und neue Ideen auszulösen und geben so Impulse für neue Strategien, Prozesse und Produkte.

Künstlerische Praktiken liefern Medien, um Elemente des gesellschaftlichen Kontexts sichtbar und diskutierbar zu machen, die in Organisationen gewöhnlich übersehen oder ausgegrenzt werden. Außerdem regen sie nicht nur den Intellekt sondern gerade auch die Sinne an; damit lösen sie emotionale Reaktionen aus, die die Intensität der Erfahrung erhöhen. Die Künste bieten daher potentiell machtvolle Formen der Intervention. Allerdings können weder die Art, noch das Ausmaß, noch die Dauer der Wirkungen mit Sicherheit vorhergesagt werden.

Obwohl in den letzten Jahrzehnten Erfahrungen mit vielfältigen Methoden für künstlerische Interventionen gesammelt wurden, liegen wenige Studien vor, die Interventionsprozesse und ihre Wirkungen zu verstehen versuchen. Daraus resultiert der Bedarf an Forschung, die die gesellschaftliche Relevanz dieser Aktivitäten klärt, sowie ihre Wirkung auf Organisationen und die Auswirkungen auf die beteiligten Akteure.

Im Rahmen dieser Forschung werden anhand von eigenen empirischen Fallstudien die Erfahrungen der teilnehmenden Künstler, Manager, Unternehmer, Mitarbeiter und Berater ausgewertet, um die Dynamik und Wirkung dieser Interventionen zu verstehen. Die Forschung baut auf Theorien des organisationalen Lernens, der (Organisations-)Kultur und der Ästhetik. Qualitative Methoden werden eingesetzt, um u.a. folgende Fragen zu erforschen: 

  • Welche Art von künstlerischen Interventionen hat die nachhaltigeren Effekte in (welchen) Organisationen?
  • In welcher Phase von Lern- und Innovationsprozessen sind welche Interventionen am effektivsten?
  • Welche Auswirkungen haben kunstbasierte Interventionen auf asymmetrische Machtverteilung in Organisationen – und wie wirken asymmetrische Machtverhältnisse in Rahmen von kunstbasierten Interventionen?
  • Was sind die Schattenseiten von künstlerischen Interventionen in Organisationen? Welche ethischen Fragen stellen sich beispielsweise, wenn sich Mitarbeiter unter dem Einfluss einer solchen Intervention mit „Herz und Seele“ für ihre Organisation engagieren? Und wie gehen die jeweiligen Akteure mit der Gefahr um, dass künstlerische Interventionen die Künstler instrumentalisieren und so die Künste abwerten?