Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Epistemologisierung und Kulturalisierung feministischer Theorien

Prof. Dr. Rita Casale

Abstract

Ausgangspunkt des Forschungsvorhabens ist die aktuelle Lage der feministischen Theorie und der in der Öffentlichkeit geführten Debatte über die Notwendigkeit eines neuen Feminismus. Ziel des Vorhabens ist, am Beispiel feministischer Theoriebildung zu zeigen, inwiefern die Epistemologisierung und Kulturalisierung gesellschaftlicher Analysen ein homöostatisches Verhältnis zu den zu untersuchenden Gegenständen beinhalten.

Gesellschaftliche Phänomene und Transformationen werden nicht in ihren konstitutiven Elementen zerlegt und in ihren strukturellen Zusammenhängen erfasst. Sie werden mittels einer Metaphorik (Netzwerk, Feld, Oberfläche, Maskerade etc.) beschrieben, welche die Phänomene ausschließlich bildhaft reproduziert.
Beabsichtigt ist eine Einbettung des Feminismus in die Entwicklungen der politischen Theorien und der gesellschaftlichen und politischen Transformationen, die in den letzten vierzig Jahren stattgefunden haben.

In einer ersten Phase der Forschung werden die Wirkungen untersucht, welche die sozialen Bewegungen der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts auf die Begrifflichkeit politischer Theorie und auf die Bestimmung des Verhältnisses zwischen dem Politischen und dem Sozialen gehabt haben. Der aus ’68 resultierende Entinstitutionalisierungsprozess soll sowohl mit den feministischen Analysen über die Politisierung des Privaten, als auch mit der poststrukturalistischen Kritik an dem traditionellen Verständnis von Macht und Herrschaft zusammengedacht werden.

Danach soll zum Gegenstand gemacht werden, inwiefern zwischen Entinstitutionalisierungsprozess, mykrophysischer Analyse der Machtverhältnisse und dem so genannten Zeitalter des Endes der Ideologie oder sogar der Geschichte ein theoriegeschichtlicher Zusammenhang besteht.

Zuletzt sollen die Folgen der Verquickung von Poststrukturalismus und Feminismus im US-amerikanischen und europäischen Kontext  analysiert werden. Dabei soll vor allem auf die Kulturalisierung und Epistemologisierung von Geschlechterverhältnissen eingegangen werden, die sich u.a. in der durchaus problematischen – weil politische Theorie möglicherweise überhaupt auflösenden – Infragestellung von drei zentralen Kategorien moderner politischer Theorie äußert: Subjekt, Geschichte und Gesellschaft.