Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Weltfiktionen – Weltnetzwerke

Kulturtechniken der Welterzeugung seit der Frühen Neuzeit

Prof. Dr. Jörg Dünne

Abstract

Ausgangspunkt meines Forschungsprojekts am Kulturwissenschaftlichen Kolleg in Konstanz ist die Verbindung von Fiktionstheorie mit einem besonderen Aspekt von Raum- und Kulturtechnikforschung, d.h. die Frage nach der Konstitution von Welt(en): Von Akten des Fingierens, insbesondere in literarischen Texten, heißt es, dass sie mögliche ‚Welten‘ entwerfen. Fiktionen konstituieren jedoch nicht nur mögliche Welten, sondern beziehen sich auch auf ‚die‘ Welt als geographische oder funktionale Gesamtheit, wobei solche Fiktionen oftmals regulative Geltung im Hinblick auf das Funktionieren von Welt beanspruchen. Während die Theorie möglicher Welten ihre Aufmerksamkeit also vor allem auf die immanente semantische Kohärenz alternativer emergenter Welt-Strukturen richtet, stellen Fiktionen, die sich mit ‚der‘ Welt beschäftigen, vor allem die kulturtechnische Frage nach den Netzwerken sowie den Imaginationstechniken, mit denen ‚Welt‘ hergestellt wird.

Die Frage ist hierbei, wie die possibilistische Fiktion von ‚Welten‘ und die Konstitution ‚der‘ Welt als Netzwerk sinnvoll in einem Modell zusammengedacht werden können, das sowohl der neueren Fiktionstheorie als auch der aktuellen Kulturtechnikforschung gerecht wird. Der Entwicklung eines solchen Modells anhand von exemplarischen kulturellen Konstellationen und Texten seit in der Frühen Neuzeit ist das Projekt gewidmet.

Vor dem Hintergrund der Frage nach dem Verhältnis von Weltfiktionen und Weltnetzwerken hört die ‚Welt‘ auf, als eine ahistorische Bezugsgröße zu fungieren, sondern Welt-Fiktionen rücken ein in den Horizont einer kultur- und insbesondere wissensgeschichtlichen Fragestellung. Über Kulturtechniken der Vernetzung, aber auch des Imaginierens lässt sich also die Frage der fiktionalen Weltkonstitution historisieren, wobei insbesondere die Frühe Neuzeit als besonders folgenreicher Experimentalraum für die Entwicklung konkurrierender Weisen der Welterzeugung angenommen werden kann. Auch in der Moderne bleibt jedoch die Frage nach dem Verhältnis von Techniken der Raumkontrolle und Imaginationstechniken als Matrix für die Vorstellbarkeit von Welt(en) grundlegend.

Teil 1: Hispanistische Weltfiktionen seit der Frühen Neuzeit

Teil 2: Jules Vernes „Weltspiel“