Genealogie und Praxis des Kreativsubjekts
Eine spätmoderne Form kultureller Integration?
Abstract
Das Projekt verfolgt die Frage, in welcher Weise seit dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts die Semantik der Kreativität und die Identifizierung normaler oder idealer Subjektivität mit ‚Kreativität’ zu einem dominanten kulturellen Muster werden konnten, das auch die Grenzen unterschiedlicher sozialer Felder überschreitet. Die Generalisierung des Kreativitätsimperativs, der in der frühen Kultur der Moderne auf künstlerisch-ästhetische Nischen beschränkt war, stellt sich als erklärungsbedürftig und seiner praktischen Gestalt unklar dar.
In diesem Zusammenhang werden drei Komplexe behandelt: Zum einen geht es in Form einer historischen Diskursanalyse um eine archäologisch-genealogische Rekonstruktion der Entwicklung und Überlagerung der entsprechenden ästhetischen, der ökonomischen und der psychologisch-humanwissenschaftlichen Diskurse vom Beginn bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, ihrer Technologisierung und Generalisierung einer genuin kreativen – innovativen, auf Selbstwachstum ausgerichteten etc. – Subjektivität.
Zweitens erfolgt eine empirisch-ethnografische Analyse von Praktiken und Inszenierungsweisen ‚kreativer’ Tätigkeit, d. h. der Produktion von ‚Neuem’ und der Selbststilisierung des Kreativsubjekts im Bereich der gegenwärtigen ‚creative industry’.
Drittens geht das Projekt der Transformation der Stadtplanung und westeuropäischen Stadtentwicklung seit den 1980er-Jahren nach, das dem Modell einer ‚creative city’ folgt, in dem sich politische, ökonomische, architektonische und lebensstilorientierte Praktiken und Diskurse kreuzen.
Publikationen
Hannes Krämer: Die Praxis der Kreativität. Eine Ethnografie kreativer Arbeit. Bielefeld: transcript 2014
Anna-Lisa Müller: Green Creative City. Konstanz: UVK 2013
Andreas Reckwitz: Die Erfindung der Kreativität. Zum Prozess gesellschaftlicher Ästhetisierung. Berlin: Suhrkamp 2012