Studienfahrt in den Kosovo 2013
The Kosovo – International Administration, Self-Government and the Challenges Ahead
Bericht von Marc Danneberg
Bereits Ende April trafen sich die zwölf studentischen Teilnehmer und drei Seminarleiter für zwei Tage in der Konstanzer Bischofsvilla, um sich im Rahmen eines Blockseminars umfassend mit dem Fall Kosovo auseinander zu setzen. Inhaltliche Schwerpunkte waren die historischen Grundlagen des Kosovo-Konflikts, der Aufbau internationaler Verwaltungsstrukturen nach der NATO-Intervention in 1999 sowie die schrittweise Übertragung von Souveränitätsrechten an die kosovarische Regierung. Zudem wurden aktuelle wirtschafts- und sicherheitspolitische Herausforderungen thematisiert. Besondere Aufmerksamkeit widmete die Gruppe der Frage, welche Lehren sich aus dem Fall Kosovo für zukünftige internationale Friedensmissionen ziehen lassen.
Die Exkursion fand vom 9. bis 15. Juni 2013 statt. In einer Reihe von Gesprächen mit führenden Politikern und Vertretern der Zivilgesellschaft konnten die inhaltlichen Erkenntnisse aus dem Blockseminar vertieft und kritisch hinterfragt werden. So wurde im Dialog mit kosovarischen Gesprächspartnern deutlich, dass internationale Missionen, welche mit weitreichenden Vollmachten oder exekutiven Befugnissen ausgestattet sind, vielfach in einem Spannungsverhältnis zu lokalen Entscheidungsträgern stehen, wodurch ein Legitimationsproblem auf der lokalen Ebene entsteht. Auch kamen die Seminarteilnehmer schnell zu dem Ergebnis, dass die in der akademischen Literatur vielfach geforderte Toolbox von Krisenmanagementmaßnahmen in der Praxis vermutlich an den komplexen kulturellen und historischen Eigenheiten eines jeden Konfliktlandes scheitern würde. Im Kosovo zeigt sich dies besonders vor dem aktuellen Hintergrund der EU geführten Verhandlungen zwischen Serbien und Kosovo, bei denen es um die Annäherung der beiden Konfliktparteien geht. Die Komplexität dieses aktuellen und brisanten Prozesses wurde zu einem zentralen Thema bei den Gesprächen und es wurde deutlich, dass es auch hier keine Retortenlösung gibt.
Als kosovarische Gesprächspartner konnten der Innenminister als ein hochrangiges Regierungsmitglied, der Vorsitzende einer Oppositionspartei sowie die Herausgeberin einer großen kosovarischen Tageszeitung gewonnen werden. Weitere Interviews wurden geführt mit dem Kommandeur der NATO Kosovo Force (KFOR), dem deutschen Botschafter, sowie Vertretern der United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK), der Rechtsstaatlichkeitsmission der EU (EULEX), dem European Commission Liaison Office und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSCE).
Neben den Gesprächen in Prishtina stand auch ein Tagesausflug in die geteilte nordkosovarische Stadt Mitrovica auf dem Programm. Dort konnten sich die Teilnehmer mit lokalen EULEX-Mitarbeitern und zivilgesellschaftlichen Vertretern der serbischen Minderheit austauschen. Am letzten Tag besuchten die Studierenden zudem die Stadt Prizren im Süden des Landes. Hierbei standen nach den ausführlichen Gesprächen in den Vortagen vor allem die Besichtigung der Altstadt sowie etlicher Kulturdenkmäler im Mittelpunkt.
Im Rahmen des Forschungsseminars konnten die Teilnehmer nicht nur neue inhaltliche Erkenntnisse gewinnen, sondern auch die Stärken und besonderen Herausforderungen qualitativer Feldforschung kennenlernen. Die während der Exkursion gewonnenen Informationen werden in die Seminararbeiten der Studierenden einfließen und die erlernten Interviewtechniken können zudem bei zukünftigen Forschungsprojekten Anwendung finden. Darüber hinaus bot der direkte Austausch mit Entscheidungsträgern der im Kosovo tätigen internationalen Organisationen den Teilnehmern auch exklusive praktische Einblicke in ein potentielles zukünftiges Arbeitsumfeld.