Gesellschaftstheorie als Poetik
Abstract
Die großen französischen „Gesellschaftsromane“ des 19. und 20. Jahrhunderts verschreiben sich – bekanntermaßen – einer panoramatischen Darstellung nachrevolutionärer gesellschaftlicher Re-Integrations- und vor allem Desintegrationsprozesse. Das geplante Forschungsprojekt will diese Darstellungen nicht im Sinne einer „realistischen“ Mimesis gesellschaftlicher Transformationen lesen, sondern vielmehr den Fokus auf die narratologische Identitätskonstitution von Kollektiven in der Moderne legen: Die Diagnose gesellschaftlicher Desintegrationsprozesse befördert die Entfaltung integrativer oder desintegrativer Verfahren der Narration, und umgekehrt scheint kollektive Identität erst im Modus des Fiktionalen rückblickend oder vorausschauend erfahr- und formulierbar.