Buchstaben, Ziffern und Kalkulationen der Macht
Prof. Dr. Jurij Murašov, Elena Fedotova, Anastasiya Kokina
Teilprojekte
Elena Fedotova
Von der poetischen Magie der Ziffern zur sowjetischen qualitativen Statistik der 1930er Jahre
Anastasiya Kokina
Autokratische Sprachmacht und dissidentische Zahlenpoetik in der Epoche Katharina II
Abstract
Das Forschungsvorhaben untersucht, ausgehend von der semiotischen, medien- und repräsentationstheoretischen Spezifik von Buchstabe und Ziffer, auf welche Weise durch das Eindringen von Ziffern und Zahlen sowie von diversen Formen der Mathematisierung in verbale (schriftliche) Texte diese in ihrer logischen, narrativen und poetischen Struktur modelliert und in ihrer Pragmatik hinsichtlich politischer und ideologischer Inanspruchnahmen „einreguliert“ werden. Die Teilprojekte fokussieren auf drei entwicklungsdynamisch markante Fallbeispiele aus der russischen bzw. sowjetischen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte: auf die Hochphase der russischen Aufklärung der Katharinischen Epoche (1762-1796), die erste Konsolidierungsphase der sowjetischen Kultur im Übergang von den utopischen 1920er zu den 1930er Jahren und die 1950 und 1960er Jahre als die Bezugnahmen auf den mathematischen Diskurs abermals mit dissidentischen Tendenzen konvergierten.
Die Frage der Interrelation von Ziffern/Zahlen und Buchstaben/verbalen Zeichen ist in doppelter Hinsicht von grundlagentheoretischer Relevanz. Zum einen betrifft sie das basale Spannungsverhältnis von Sprach-Kultur und formaler Universalisierung, dem sich wohl kein Erkenntnisgegenstand zu entziehen vermag. Zum anderen partizipiert sie an der methodologischen Problematik von Quantifizierung und Qualifizierung, deren Virulenz sowohl die Kultur- als auch die Naturwissenschaft unter dem Einfluss digitaler Technologien verstärkt ausgesetzt sind.