Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Themen der Nachwuchsgruppe

Die Nachwuchsgruppe soll ihr Forschungsthema interdisziplinär angehen. Der aus der Rechtswissenschaft stammenden Leiterin Dr. M. Mercè Darnaculleta i Gardella sollen Doktorand(inn)en aus Disziplinen wie z.B. Philosophie, Soziologie, Geschichte, Politikwissenschaft und natürlich Rechtswissenschaft zur Seite treten.

Zu Beginn wird die Gruppe einer umfassenden Bestandsaufnahme des Gebrauchs der Begriffe „Selbstregulierung“ und „regulierte Selbstregulierung“ und der in der Literatur äquivalent gebrauchten Begriffe vornehmen und auf dieser Grundlage eine zur empirischen Forschung brauchbare Begriffsbestimmung erarbeiten. Darüber hinaus soll versucht werden, eine klare Unterscheidung der verschiedenen Phänomene der normativen, der feststellenden und der konfliktlösenden Selbstregulierung zu erreichen.

Ausgehend von diesem konzeptionellen Beitrag befasst sich die Gruppe mit Normen privaten Ursprungs, die von öffentlicher Bedeutung sind und die man unter dem Begriff der normativen regulierten Selbstregulierung einordnen kann. Dieses gemeinsame Forschungsobjekt soll aus verschiedenen, einander ergänzenden Perspektiven analysiert werden. Konkret wären diese:

  • die Erarbeitung einer Typologie der verschiedenen Erscheinungsformen der normativen regulierten Selbstregulierung;
  • die Analyse der Beziehungen zwischen Normen privaten Ursprungs als Folge der Selbstregulierung und der Rechtsordnung in Geschichte und Gegenwart;
  • das Studium der philosophischen und staatstheoretischen Grundlagen, die die Entwicklung und Ausbreitung der normativen Selbstregulierung in traditionell vom Recht abgedeckten Bereichen unterstützen.

Sowohl die nationalen wie auch die supranationalen Autoritäten und die internationalen Organismen zeigen wachsendes Interesse am Phänomen der regulierten Selbstregulierung, die zunehmend als Alternative zur staatlichen Regulierung verstanden wird. Der Erfolg und die Vorbildwirkung sind abhängig von der Akzeptanz, Selbstkontrolle und Transparenz der Selbstregulierung. Die normative Homogenisierung in der europäischen Gesetzgebung wird bisher nicht von einer theoretischen Harmonisierung in der Wissenschaft begleitet.

Eine systematische Behandlung der Vielfalt von Instrumenten der Regulierung, die in verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen  Beziehungen entwickelt worden sind, ist daher nötig. Ein praktisch handlungsleitendes Konzept der regulierten Selbstregulierung muss von der empirischen Untersuchung konkreter Formen der staatlichen Partizipation in Fallstudien ausgehend entwickelt werden.

Auf dieser Grundlage kann dann verallgemeinernd dargestellt werden, in welchen Bereichen sich die Selbstregulierung entwickelt (Inhalt der Normen), welches ihre Charakteristika in Bezug auf Legitimität und Partizipation (Ursprung, Prozess und Zielgruppe der Normen) sind und welches ihre Ergebnisse. Dem Gesetzgeber und den juristischen Akteuren können mit der Katalogisierung der sich stetig wandelnden Formen und Aktivitäten der Selbstregulierung nützliche Werkzeuge in die Hand gegeben werden.

Historische, soziologische oder politik- und verwaltungswissenschaftliche Untersuchungen des Themas können die regulierte Selbstregulierung ausgehend von den Fragestellung der Governance-Studien und Institutionenforschung angehen. Die Zusammenarbeit, Koordination und Etablierung von Netzwerken zwischen den staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren bei der Normsetzung wären dann zu untersuchen. Die Vor- und Nachteile dieser neuen Governance-Formen sind bislang noch nicht zu übersehen. Konkrete Fallstudien über gegenwärtige wie historische Erfahrungen mit regulierter Selbstregulierung sind daher nötig. Sie können auch die Grundlagen für die von der Gruppe angestrebte Typologie der wichtigsten Formen regulierter Selbstregulierung abgeben.

Aus Sicht der (insbesondere politischen) Philosophie wirft die Selbstregulierung die Frage nach der Legitimation und Verbindlichkeit von Normsetzung und nach dem Geltungsbereich von Normen auf.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit kann eine Anzahl von Bereichen genannt werden, in denen sich Erscheinungsformen der regulierten Selbstregulierung finden:

  • neue Technologien,
  • Werbung und Medien,
  • Qualität und Sicherheit industrieller Produkte,
  • Lebensmittel und pharmazeutischer Produkte,
  • Arbeitssicherheit und Umwelt,
  • Berufs- und Unternehmensethik,
  • Unternehmensbeziehungen und schließlich
  • die internationalen Finanzmärkte.

Die weitere Präzisierung der Arbeitsgebiete wird unter Berücksichtigung der individuellen Profile und persönlichen Interessen der einzustellenden Mitarbeiter(innen) erfolgen.