Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Normgenese in der Globalisierung

Die Untersuchungen der Gruppe „Normengenese in der Globalisierung“ konzentrierten sich auf Phänomene der Selbstregulierung und insbesondere auf die in einem von öffentlichen Gewalten gesetzten Rahmen stattfindende „regulierte Selbstregulierung“.

Leiterin

Prof. Dr. M. Mercè Darnaculleta i Gardella

Promovierende

Lara Elena Knop
Dissertation „Schlüsselbegriffe in interdisziplinären Forschungskontexten“
Abstract

Jan Obracaj
Dissertation „Kontingenzbewusstsein, Zivilgesellschaft und die Verteidigung der Demokratie – Philosophische Debatten zur politischen Legitimation“
Abstract

Peter Scheiffele
Dissertation „Haiti in der Weltordnung. Organisationaler Imperialismus und Autonomie“
Abstract

Laufzeit: 2008–2012

Die interdisziplinäre Nachwuchsgruppe „Normgenese in der Globalisierung“ hat drei Promotionsvorhaben aus Literatur- und Sprachwissenschaft, Soziologie und Philosophie gefördert. Ausgehend von der Frage nach den neuen Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft bei der Entstehung des Rechts wurde die Hauptrolle der privaten Selbstregulierung und der NGOs in der Globalisierung und die Folgen für die Demokratie in den Fokus gerückt. Als gemeinsames Ergebnis werden zwei Sammelbände zum Thema Selbstregulierung als Umgangsstrategie des Rechts mit Ungewissheit in der Globalisierung herausgegeben, die auf Deutsch bei Nomos und auf Spanisch bei Iustel Derecho veröffentlicht werden.

Arbeitsformen

Seit 2008 haben regelmäßige Arbeitstreffen stattgefunden, in denen die Promovierenden über den Fortschritt ihrer Dissertationen mit der Leiterin der Nachwuchsgruppe sowie eingeladenen Gästen diskutierten. Workshops und Tagungen wurden innerhalb des Clusters vor allem im Verbund mit der AG „Kultur und Recht“ und international mit der Forschungsgruppe „Probleme der juristischen Entscheidung unter wissenschaftlicher Unsicherheit“ (Barcelona) und dem „Institut für europäisches und internationales Strafrecht“ (Castilla La-Mancha) organisiert. Mit der Übernahme einer Professur für Verwaltungsrecht an der Universität Girona und dem damit verbundenen Fortzug der Nachwuchsgruppenleiterin finden die Gruppentreffen 2011/2012 nach wie vor statt, allerdings nun wechselweise in Konstanz und Girona.

Wichtigste Arbeitstreffen
  • WS September 2009: Standardsetzung in Risikosektoren
  • WS Januar 2010: Selbstregulierung im Strafrecht
  • WS Mai 2010: juristische Entscheidungen unter wissenschaftlicher Unsicherheit
  • WS Dezember 2010 und Dezember 2011: Finanzmarktregulierung
  • Tagung in Barcelona März 2011: Die Herausforderungen des Rechts in der globalen Risikogesellschaft: die Entscheidung unter Unsicherheit
  • Tagung in Konstanz Mai 2011: Selbstregulierung als Umgangsstrategie des Rechts mit Ungewissheit in der Globalisierung

Über das Thema „Normgenese in der Globalisierung“ in der Nachwuchsgruppe

Ausgangspunkt unserer thematischen Überlegungen sind die kulturellen Prozesse der Normgenese, welche sich auf ein komplexes Netzwerk von Organisationen beziehen. Dazu werden Verfahren und Normen in den Blick genommen, die mit den traditionellen Regulierungsinstanzen und Rechtsquellen nicht mehr begründet werden können. Diese Prozesse zeigen die Transformation eines staatszentrierten Modells der Normproduktion und -kontrolle auf dem Weg zur Entstehung neuer juristischer Normen, die weder auf den öffentlichen Bereich, noch auf die nationale, europäische oder internationale Ebene beschränkt sind.

Wir untersuchen supranationale Organisationen (wie z.B. ILO, WTO und EU), transnationale Behörden- und Verwaltungskommunikation (Basel II, IOSCO, International Regulators Group, Internationales Lebensmittelbuch), sowie private internationale Normungsorganisationen (ISO, IASB, ICANN, u. a.) und NGOs. In diesem Zusammenhang können wir bestätigen, dass der Staat sein rechtsetzendes Monopol zwar formal aufrecht erhält, gleichzeitig werden aber Form und Inhalt der Regulierungen durch internationale Selbstregulierung und die Zusammenarbeit der nationalen Aufsichtsbehörden determiniert.

Diese Gegenstände haben uns erlaubt, wichtige Fragen für unsere jeweiligen Disziplinen zu beantworten, wie z.B. die Frage nach der Integration internationaler Normen in das europäische Rechtssystem und die nationalen Rechtskulturen (Rechtswissenschaft), die Frage nach der Rolle von Organisationen in der weltweiten systemischen Integration (Soziologie) oder die Frage nach der demokratischen Legitimation von (Selbst-)Regulierungsprozessen in der Globalisierung (Philosophie).

Unsere multidisziplinäre Zusammensetzung erlaubt uns auch, kritisch über die Wissensproduktion in interdisziplinären Umgebungen zu diskutieren. Diese Überlegungen werden von einer sprachwissenschaftlichen Perspektive aus in der Dissertation „Schlüsselbegriffe in interdisziplinären Forschungskontexten“ untersucht.

Seit dem Anbruch der Moderne leiten sich die traditionellen Formen der Schaffung juristischer Normen und die diversen klassischen Prozeduren und Strukturen der Regulierung aus der Staatsauffassung ab, die von der Hoheit des Staates über die Gesellschaft ausgeht. In Zeiten der Globalisierung lässt sich daneben aber das Auftreten neuer Formen der Normgenese beobachten, in denen das Hoheitsprinzip durch das Prinzip der Kooperation ersetzt wird, und es fragt, sich ob damit ein Rückzug der Staaten aus der Normsetzung einhergeht.

Zumindest erleben wir gegenwärtig den Entstehungsprozess neuer normativer Systeme neben der staatlichen Erzeugung rechtlicher Normen, die sich durch ihren gesellschaftlichen, also ausschließlich privaten oder pseudostaatlichen Ursprung und ihre globale Ausdehnung charakterisieren lassen. Mit anderen Worten, der Primat staatlicher Regulierung wird durch neue Formeln der sozialen Selbstregulierung mit globaler Reichweite in Frage gestellt. Neben die staatlich organisierten Herrschaftsverhältnisse treten neue Hierarchien, die politische und kulturelle Grenzen überschreiten.

Aktuelles

Dr. Maria Mercé Darnaculleta erhält katalanischen Autonomie-Preis 2009

Nachwuchsgruppenleiterin für verwaltungsrechtliche Studie ausgezeichnet
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