Forschungsfeld A: Diskurse über moderne Protektorate
Wenn es zutrifft, dass die langfristig entstandene Sicherheitskultur eines demokratischen Staates eine wesentliche Komponente des kommunikativen ‚Rahmens‘ ist, in den die Rechtfertigung der Errichtung und Unterhaltung eines modernen Protektorats eingepasst werden muss, müsste die Analyse der hierauf gerichteten Framing-Strategien Aufschlüsse sowohl über die jeweilige Sicherheitskultur als auch über deren Beiträge zur sicherheitspolitischen Strategiefähigkeit geben. Daher sollen im Untersuchungsbereich A solche Arbeiten gefördert werden, die sich entsprechenden Analysen widmen.
Im deutschen sicherheitspolitischen Diskurs wird in Zusammenhang mit Protektoratsverwaltungen überwiegend die Stärkung des zivilen Teils der betreffenden Missionen betont, während das eigentliche Sicherheitsproblem, nämlich die durch radikale Aufständische verschärfte Gewaltdimension eines Konflikts, eine untergeordnete Rolle spielt. Dies könnte die Folge eines Framing-Effekts sein.
Vergleich westlicher Demokratien
Weil in der deutschen Sicherheitskultur der Einsatz von Soldaten für deren eigentlichen Ausbildungszweck einen quasi-tabuisierten Status hat, bereitet die innenpolitische Rechtfertigung eines tatsächlichen militärischen Engagements besondere Probleme. Zu fragen wäre, ob solche Probleme auch in anderen westlichen Demokratien existieren, die an der Unterhaltung moderner Protektorate beteiligt sind, und ob die Anwesenheit oder Abwesenheit solcher Rechtfertigungsprobleme tatsächlich auf diskursive Phänomene zurückzuführen ist oder auf andere, etwa institutionelle Faktoren.
Alternative Framing-Strategien
Ein anderes Untersuchungsfeld betrifft die Handhabung alternativer Framing-Strategien. Außer mit dem positiv konnotierten zivilen Wiederaufbau können moderne Protektorate durch den Verweis auf den Multilateralismus kollektiver Sicherheit gerechtfertigt werden. Nicht auszuschließen ist die prohibitive Wirkung antizipierter Spill-over-Effekte, die von der Anerkennung universeller Normen ausgehen kann.
Die Diskursverläufe in anderen westlichen Demokratien verhalten sich aber nicht allein komplementär zu den deutschen, wenn es etwa um das risk sharing in Afghanistan geht, sie lassen vermutlich auch andere Framing-Muster erkennen. So beeinflusst vermutlich das institutional design der Streitkräfte auch die sicherheitspolitischen Denkbilder und Einstellungen. Die Nachwuchsgruppe soll wissenschaftliche Erkenntnisse über die tatsächlichen Wirkungszusammenhänge liefern.
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