Universität KonstanzExzellenzcluster: Kulturelle Grundlagen von Integration

Doktorandenkolleg „Zeitkulturen“

Laufzeit: 2007–2012

Das interdisziplinäre Doktorandenkolleg „Zeitkulturen“ hat 14 Promotionsvorhaben aus Geschichts-, Literatur- und Politikwissenschaft sowie Soziologie und Philosophie gefördert. Die Forschungsfrage nach unterschiedlichen Modi der Herstellung und Organisation von Temporalität wurde epochal und thematisch bewusst vielfältig angegangen. Hauptanliegen waren die gute Betreuung und der zügige Abschluss der individuellen Promotionen, wobei thematische und methodische Fragen in verschiedenen Arbeitsformen diskutiert wurden. Als ein gemeinsamer Ertrag wird ein Sammelband zum Thema „Aufmerksamkeit“ vorbereitet.

Arbeitsformen

Seit 2008 hat kontinuierlich eine Schreibwerkstatt stattgefunden, in der die Promovierenden ihre eigenen Kapitel und Gliederungen intensiv mit dem Sprecher des Kollegs, dem Wissenschaftlichen Koordinator, ihren fachlichen Betreuern sowie regelmäßig eingeladenen Gästen diskutierten. Ein wichtiges Thema waren international fachspezifische Schreib- und Publikationskulturen, u.a. weil einige der Dissertationen von internationalen Gutachtern betreut und in englischer Sprache verfasst wurden.

Thematische Schwerpunkte

2007: Klassikerlektüren zur soziologischen, philosophischen und historiographischen Reflexion auf kulturelle und strukturelle Aspekte von Temporalität

2008: Workshop zum Thema Zeitregime. Formen, Repräsentationen und Träger soziokultureller Zeitordnungen

2008–2011: Semesterschwerpunkte mit Vorträgen, Lektüren und Arbeitsgesprächen mit externen Gästen zu übergreifenden Themen:

 

  • Kulturtechniken der Zeit (WS 2008)
  • Zukunftspraktiken: Utopie, Apokalypse und Prognose (SoSe 2009)
  • Gegenwarten (WS 2009/2010)
  • Aufmerksamkeiten (SoSe 2010)

Über das Thema Zeitkulturen

Das Doktorandenkolleg beschäftigte sich mit der kulturellen Modellierung von Zeit und mit kulturell, sozial oder politisch fundierten und durchgesetzten Zeitordnungen. Statt von einem unveränderlichen Zeitkontinuum auszugehen, betrachtete es unterschiedliche Muster, nach denen sinnhafte bzw. funktionale Abfolgen und Gleichzeitigkeiten erzeugt werden. Auf diese Weise sollte insbesondere herausgearbeitet werden, wie sich Verfahren der Sequenzierung und Synchronisierung von Kultur zu Kultur und Epoche zu Epoche unterscheiden. „Zeitkulturen“ stellen allerdings nicht nur Bedingungen dar, unter denen temporale Ordnung erzeugt wird. Sie umfassen auch Faktoren ihrer Auflösung oder ihres Zusammenbruchs. Von besonderem Interesse war daher der stets labile Übergang zwischen Kontingenz und zeitlicher Ordnungsbildung.

Im Doktorandenkolleg „Zeitkulturen“ liefen Fragestellungen von Historikern, Literaturwissenschaftlern, Soziologen, Politikwissenschaftlern, Philosophen und Juristen zusammen; die Aufnahme von Projekten aus anderen am Cluster beteiligten Disziplinen (z.B. Rechtswissenschaften, Medienwissenschaften) ist erwünscht. Das Konzept war auf die Forschungszusammenhänge des Exzellenzclusters abgestimmt und bezog die Doktoranden in diese Forschungen ein. Das Kolleg erforschte die diachrone und synchrone Organisation von Gesellschaften, Funktionssystemen oder Diskursen und die Selbstverortung von Individuen und Gruppen in verschiedenen konkurrierenden Zeitordnungen sowie zwischen Vergangenheit und Zukunft. Auf diese Weise behandelte es die Thematik von Integration und Desintegration aus zeitlicher Perspektive.

Doktorandinnen und Doktoranden

Katharina Baier
Wartezeiträume um 1900. Zeitstrukturen, Raum- und Machtordnungen im Zeichen des Transitären. Abstract

Julian Bauer
Zellen, Wellen, Systeme. Konfigurationen des Lebens und Ordnungen des Wissens, ca. 1900–1930. Abstract

Michael Dengler
Zeitmaschinen, Sakralautomaten, Frömmigkeitsapparate. Die Produktion sakraler Zeiten im Kirchenraum der Vormoderne. Abstract

Franz Leander Fillafer
Escaping the Enlightenment. The Persistency and Historicisation of the Enlightenment in the Nineteenth-Century Habsburg Monarchy. Abstract

Daniela Fuhrmann
Konfigurationen der Zeit in spätmittelalterlicher Offenbarungsliteratur. Abstract

Hanna Göbel
Atmospheres of Converted Architecture: Technologies of aestheticizing buildings in re-use
Abstract

Kristina Kuhn
„Wir gewinnen im Kleinen, und verlieren im Großen.“ Literarisierung von Geschichtsphilosophie um 1800. Abstract

Miriam Lay Brander
Raum-Zeiten. Erzählen und Zeigen im Sevilla der Frühen Neuzeit. Abstract

Gunnar Lenz
Das kulturelle Gedächtnis der Stalinzeit. Zeit- und Geschichtsvorstellungen in der Sowjetunion der 1930er und 1940er Jahre. Abstract

Thomas Malang
Time Regimes And Cultures of Time as Determinants of Public Attitudes Towards Political Change. Analyzing the European Integration Process Under a Temporal Perspective. Abstract

Christian H. Meier
Wandel und Beschleunigung. Zeitgefühl in Ägypten im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Abstract

Leon Jesse Wansleben
‘Economists in-between’: The epistemic profile of macro-economic experts in the financial industry. Abstract

Gwendolyn Whittaker
In der Schule der Moderne. Epochenkommentare und Bildungsprozesse in der deutschsprachigen Schulliteratur zwischen 1880 und 1918. Abstract

Gunila Ariane Wittenberg
Existenz zwischen Erweckung und Endzeit. Zeitlogik, religiöse Praxis und Selbstverortung des Individuums in der Pfingstbewegung in Lateinamerika. Abstract

Sprecher

Prof. Dr. Jürgen Osterhammel

Stellvertretende Sprecherin

Prof. Dr. Ulrike Sprenger